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Bleicherode

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FachWerkStadt Bleicherode

Bleicherode (ca. 6.800 Einwohner) ist geprägt durch die historische Fachwerkaltstadt sowie den Kalibergbau und die damit verbundenen Tagesanlagen. Die historische Altstadt ist massiv von Leerständen betroffen und soll in einer konzertierten Aktion von öffentlichen und privaten Partnern vor dem Verfall gerettet werden. Mit der Projektidee „FachWerkStadt“ plant die Stadt als Projektträger gemeinsam mit den Projektpartnern und den Eigentümern ein bürgerschaftlich getragenes Konzept zur Rettung der historischen Fachwerkstadt und eine ganzheitliche Entwicklung des Stadtkerns.

In der Fachwerktriennale 2015 gehen Konzeption und erste Schritte Hand in Hand. An historischer Stelle eröffnet die „FachWerkStadt“ im Haus in der Neuen Straße 3 am Rathausplatz – ein temporärer Ort des Dialoges und Ideenschmiede. Die Fachhochschule Nordhausen beginnt mit der Erarbeitung des Klimakonzeptes, welche die Brücke zur Stadtentwicklung und dem neuen Stadtentwicklungskonzept schlagen wird. Angestrebt wird die Auflage eines Sondervermögens "Fachwerkstadt" mit Beteiligung von Banken und Sparkassen.


 Alte Kanzlei

 Hauptstraße 99



FachwerkStadt und Landschaft

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 Erste Erfolge sind sichtbar: Hier wird schon saniert.
Erste Erfolge sind sichtbar: Hier wird schon saniert..

Von Diana Wetzestein*23. Oktober 2015_Bleicherode. Nachhaltige Stadtentwicklung, Revitalisierung, Klimaschutz sowie Kulturlandschaft und Fachwerkarchitektur, das alles waren Themen der Fachwerk Triennale Veranstaltung in der Thüringer Stadt am Südharz. Bürgermeister Frank Rostek begrüßte 28 Gäste im Saal des Verwaltungsgebäudes mit historischer Bausubstanz, das bewusst zum städtischen Bürogebäude ausgebaut worden sei, wie er betonte. „Wir wollen hier so viel Fachwerk wie möglich erhalten und dabei zeigen, dass es modern, attraktiv und für jedes Alter gestaltet werden kann“, sagte der Bürgermeister. Dabei stehe man erst am Anfang einer nachhaltigen Stadtentwicklung, die den Bürgern und Gästen noch viel mehr bieten soll.

Die Entscheidung der Stadtväter, 1997 in die Arbeitsgemeinschaft Deutsche Fachwerkstädte e. V. (ADF) einzutreten und sich der Deutschen Fachwerkstraße anzuschließen, zeigt deutlich, dass die Erhaltung der historischen Fachwerkstadt ganz oben auf der Agenda steht. Denn auch die Fachwerk Triennale, als eine „Tochter“ der ADF, erarbeitet mit weiteren Fachwerkstädten umsetzbare Konzepte, damit die Bausubstanz erhalten und die Städte für die Zukunft im Wettbewerb mit anderen gut aufgestellt sind. Die Triennale ist ein Beitrag der Nationalen Stadtentwicklungspolitik, in der die Vernetzung zwischen Kommunen und Initiativen unterstützt werden, auf Innovation und Verstetigung Wert gelegt und für die besondere Stellung der Fachwerkstädte innerhalb der Stadtentwicklungspolitik in den Länder- und Bundesministerien hingewiesen werde, stelle Dr. Uwe Ferber, Projektbüro Stadt + Entwicklung aus Leipzig, das Ziel dieser Veranstaltungsreihe vor.  
Mit der Teilnahme von Mathias Schrader, aus dem Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft in Thüringen, wurde das auch bei dieser Veranstaltung deutlich.

„Die Arbeitsgemeinschaft hat sich gegründet, als in den 1970er Jahren durch Flächensanierung ganze historische Altstädte abgerissen werden sollten“, sagte Prof. Manfred Gerner in seinem Vortrag über die Herausforderung der Revitalisierung der Fachwerkstädte. Die Abrisspläne hätten seinerzeit in Ost- sowie in Westdeutschland vorgelegen, allein den vielen aktiven Bürgerinitiativen habe man ein rechtzeitiges Umdenken der politischen Entscheider zu verdanken. „Wir gründeten die Arbeitsgemeinschaft, um den Wert dieser Gebäude deutlich sichtbar zu machen, für die wir heute in der ganzen Welt berühmt sind“, so Prof. Gerner, der dafür warb, „Fachwerk zu leben“ und dadurch wichtiges Kapital in der Stadt zu schaffen. „Das Geld liegt hier nicht auf der Straße, es steht an der Straße. Darin können sie die Wohnwerte so steigern, dass sie über dem eines Neubaus liegen“, sagte der Präsident der ADF.

Wie das in die Tat umgesetzt werden könnte, darüber informierte Felix Boenigk, Projektleiter der Deutschen Stadt- und Grundstücksentwicklungsgesellschaft (DSK). „Wir entwickeln Perspektiven, nehmen die Wünsche der Bewohner wahr und werben für neue Heiztechniken und energetische Sanierungskonzepte“, so Boenigk. Kurzfristig wolle man Sanierungsanreize schaffen und die privaten Investoren bei der Umsetzung der Maßnahmen unterstützen. „Unser Ziel ist ein denkmalgerechter Rückbau der Fachwerkstadt an den Stellen, wo Schuppen oder ehemalige Stallungen heute keine Funktion mehr haben“, so der Stadtplaner. Während er und andere Mitarbeiter der DSK an einem integrierten Stadtentwicklungskonzept arbeiten, hat sich die Fachhochschule Nordhausen vorgenommen, ein Klimakonzept zu entwickeln. Die „FachWerkStadt“ hat in einer Leerstandimmobilie unter diesem Titel eine Ideenschmiede eingerichtet, in der jeder beraten wird, der sich an der Stadtentwicklung aktiv beteiligen will. Zwei Immobilien fanden bereits einen neuen Besitzer, die Sanierungsmaßnahmen haben begonnen, so der Bürgermeister über erste Erfolge.

„Die herrliche landschaftliche Lage ist ein großer Pluspunkt unserer Stadt“, heißt es im Ortsprospekt über Bleicherode. Auch Sabine Pönicke, stellvertretende Leiterin der Verwaltung des Naturparks Eichsfeld-Hainich-Werratal und dort auch für die Interessengemeinschaft Bauernhaus e. V. (IGB) tätig, kann das sofort unterschreiben. „Die Förderung einer landschaftsgerechten und regionaltypischen Baukultur“, stellte sie als ihre Hauptaufgabe vor. Weil „Mensch und Natur zusammen gehören“, müsse man nicht nur die Natur bewahren, sondern auch die Städte und Dörfer als attraktiven Lebensraum erhalten. Aber vor allem müsse man stetig die Qualität der Angebote prüfen und weiterentwickeln. „Wir arbeiten daran, das UNESCO Weltnaturerbe „Nationalpark Hainich“ und das „Weltkulturerbe Wartburg“ als „Welterberegion“ im Naturpark gemeinsam weiter zu entwickeln und so auch dort die Qualität durch Vernetzung und Synergien noch weiter zu steigern“, erzählte sie.

Die Liste ihrer Ratschläge, die sie in über 20 Jahren in der Regionalentwicklung selbst entwickelte, erprobte und als gut befand, ist lang. Dass es sich auszahlt, Netzwerke zu bilden, die Sanierung dem Abriss oder Neubau vorzuziehen, Lobbyarbeit zu betreiben und Handwerker gut auszubilden, sind nur einige Punkte in der Aufzählung. „Wir arbeiten mit vielen Akteuren aus Politik und Wirtschaft zusammen“, so Sabine Pönicke. Aus ihrer Erfahrung, die sie aus der Arbeit in der IGB für die Erhaltung historischer Bausubstanz gemacht hat, gab sie den Akteuren in Bleicherode mit auf den Weg, vor allem Abendveranstaltungen und Aktionstage durchzuführen, weil dann mehr Bürger und Hausbesitzer erreicht würden.
Dr. Dirk Richhardt, Geschäftsführer der ADF und Marketingexperte, machte nach ihrem Beitrag deutlich, dass auch der Naturpark nur im Gesamtpaket mit Dörfern und Städten, die ausreichend Unterkünfte, gute Gastronomie und die richtige Infrastruktur böten, funktionieren könne. „Keine Touristik ohne Logistik“, sagte er und wies darauf hin, dass beides qualitätsvoll und attraktiv für die Gäste gestaltet werden müsse.

Aber wie wird der Charme einer Stadt sichtbar? Diese Frage stellte Dr. Bertram Schiffers, Projektleiter der Internationalen Bauausstellung Thüringen GmbH (IBA), in seinem Vortrag. Die IBA sucht nach Antworten im „Reallabor für StadtLand von übermorgen“, in dem ausgewählte Orte zeigen sollen, wie man Stadt und Land weiterentwickeln kann. „Wir stehen alle vor der Hausausforderung, dass die Bevölkerungszahlen von 1999 bis 2030 um 750.000 sinken werden“, so der Experte aus Weimar. Darum hat die IBA es sich zur Aufgabe gemacht, bis 2023 neue Vorgehensweisen zu initiieren und zu begleiten. Die Ergebnisse werden national und international präsentiert. Auch darum ist Bleicherode ein interessantes Terrain für die IBA und für Dr. Schiffers, der sich noch weitere Projektbeiträge wünscht, in denen „die bestehenden Qualitäten weitergedacht und umgenutzt werden."

Dass „Fachwerk auch dabei keine Last sein muss, sondern eine Lust sein kann“, sagte Prof. Gerner mit dem Wissen darüber, dass es überall gute und schlechte Zeiten durchgemacht und Jahrhunderte überstanden habe. Auf einem Gang durch die Straßen von Bleicherode konnten sich alle Teilnehmer davon ein Bild machen. Noch gibt es einige Leerstände, Sanierungsrückstand und Immobilien, für die es vielleicht keine Rettung mehr gibt. Aber es gibt auch Lichtblicke, wie die beispielhafte Sanierung der Alten Kanzlei und die eines Fachwerkwohnhauses in der Braustraße. Beide wurden mit dem Deutschen Fachwerkpreis ausgezeichnet und stehen heute für einen guten Anfang bei der Revitalisierung einer besonderen Fachwerkstadt im thüringer Südharz, der noch großes Potential hat.

*Fotos: galerie.fachwerkagentur.de




 

Ansprechpartner

Bürgermeister Frank Rostek
Bauamtsleiterin Sylvia Srocke
Stadtverwaltung Bleicherode
Hauptstraße 37 • 99752 Bleicherode
TEL. 036338 - 35312 • FAX 036338 - 35353