Schiltach, mit 3.850 Einwohnern am Zusammenfluss von Schiltach und Kinzig, wird auch als Stadt des Fachwerks der Gerber und Flößer bezeichnet. Sie liegt an einer der engsten Stellen des Kinzigtales im mittleren Schwarzwald. Die Altstadt von Schiltach ist in dieser Region eines der seltenen Beispiele einer dem Wesen nach noch erhaltenen mittelalterlichen Fachwerkstadt. Die Aufwertung der historischen Gebäudesubstanz in topographisch schwieriger Lage - gerade auch im energetischen Bereich - ist die Grundlage dafür, dass der Altstadtbereich mit Leben gefüllt und somit liebenswert bleibt.
Aufgrund der besonderen Situation des denkmalgeschützten Altstadtbereiches, mit Einschränkungen in Bezug auf erneuerbare Energien, Wärmeschutz, vorhandenen Nachtspeicherheizungen, startet die Stadt für den Altstadtbereich eine Initiative zur energetischen Quartierssanierung. Unterstützt wird diese durch die Teilnahme am KfW Programm „Energetische Stadtsanierung“ und der vorgesehenen späteren Installation eines Gebäudemanagers. Gesucht werden bautechnische und stadttechnikbezogene Maßnahmen zur effizienten Wärme- und Stromnutzung sowie Wärme- und Strombereitstellung unter Beachtung der besonderen bau- und stadtstrukturellen Gegebenheiten. Dies sollen in mit Eigentümern und privaten Partnern durchgeführt werden.
Ein Stadtrundgang mit Prof. Manfred Gerner_Von Diana Wetzestein*Schiltach. Die Bürger sagen schon immer „Städtle“, wenn sie über ihre Stadt sprechen. Dort, wo vor Jahrhunderten Pferdefuhrwerke das untere Tor passierten, um zum Marktplatz oder hoch zum Schlossberg zu kommen, erinnert heute ein kleines Informationsschild daran. Der ebenfalls darauf erwähnte Gasthof Zum Adler mit seinem reichen Fachwerk und dem markanten Doppelerker ist heute eingerüstet. Das Dach für die neue Eindeckung ist vorbereitet, die Fachwerkfassade bereits teilweise saniert. Die frühere Herrenherberge zum hohen Haus wurde im Jahr 1604 erbaut und wird noch immer wertgeschätzt.
„Schiltach zeigt nicht nur Sinn für seine Stadtgeschichte, es zeigt auch die Geschichte der Bürger an den Häusern“, sagt Prof. Manfred Gerner während eines Stadtrundganges mit Bürgermeister Thomas Haas, Baurechtssachbearbeiter Achim Hoffmann und anderen Fachwerkinteressierten. In Flachschnitzereien einiger Häuser erkennt er die Swastika, den Sechsstern oder das Einhorn, ihm fallen Bibelsprüche, Zunftzeichen der Handwerker, die Namen der Bauherren und ihrer „Hausfrauen“ auf, für den gelernten Zimmermann sind die sichtbare Jahreszahl des Richtfestes der Beweis dafür, das Fachwerk auch im Schwarzwald ein besonderes Kulturgut ist.
„Ein Alleinstellungsmerkmal für den Schwarzwald ist die abgewandelte Form vom Bauerntanz“, erklärt Prof. Gerner und meint damit die konstruktive Kombination von Andreaskreuz und Raute, bei der die Fußwinkelhölzer nach unten gesetzt worden sind. Neben diesem Alleinstellungsmerkmal finden sich hier aber auch viele Feuerböcke, genaste Andreaskreuze und die im thüringischen Henneberg erstmals aufgetretene „Thüringer Leiter“, die als einfaches Schmuckelement heute in ganz Deutschland vorkomme, so der Fachmann.
Die historische Altstadt weist vor allem die für den Schwarzwald typischen Ernhäuser auf, die dem Mitteldeutschen Fachwerk zugeordnet werden, einem Gebiet, das im Osten bis nach Sachsen und im Westen bis weit nach Frankreich hinein reicht. Fachwerkbaustile aus dem Elsass sind darum auch im Schwarzwald zu finden“, sagt Prof. Gerner. Die klassischen Ernhäuser mit einer Länge von 9 bis 20 Metern und einer Breite von 5 bis 12 Metern sind in Schiltach reichlich zu sehen. Für den Fachmann ist es leicht sie an ihrem Aufbau zu erkennen. „ Es sind traufständige Häuser, deren Unterzüge auf zwei tragenden Querwänden aufgelegt sind und das Haus in drei Zonen unterteilt“, so Prof. Gerner. Der Ern, das ist der Flur in der mittleren Zone in dem die Küche und das Treppenhaus untergebracht sind. Von diesem gehen nach vorn die gute Stube und nach hinten die Wirtschaftsräume ab. Die Häuser sind im Stockwerksbau errichtet, was den Abbund und das Richten enorm erleichterte. „Man konnte sie nach oben auskragen lassen und so den Wohnraum in den engen Straßen in den oberen Stockwerker erweitern“, so Prof. Gerner.
Das kleine Städtchen an der Kinzig zeigt ein eindrucksvolles Fachwerk-Ensemble im denkmalgeschützten Zentrum. Im 13. Jahrhundert entwickelte sich Schiltach aufgrund seiner verkehrstechnisch bedeutsamen Lage zwischen Straßburg und Rottweil zu einem wichtigen Umschlag- und Dienstleistungszentrum. Früh wurden hier die Marktrechte verliehen, die Flößerzeit – so kann man es an der Fassade des 1593 erbauten Rathauses ablesen - dauerte von 1365 bis 1895. Durch verheerende Stadtbrände, drei waren es im 16. Jahrhundert, die mit unerbittlicher Zerstörungswut den Menschen immer wieder ihre Häuser und ihre Existenz nahmen, sind mit der Darstellung „Der Teufel von Schiltach anno 1533“ ebenfalls dort festgehalten.
Mit dem Neuaufbau der Stadt wurden die Baumeister Georg Beer und Heinrich Schickhardt vom württembergische Herzog beauftragt. „Die historische Altstadt, so, wie sie heute hier zu sehen ist, wurde auf alten Kellern und Fundamenten, auf den Grundzügen des Stadtkerns von Schiltach, geplant und aufgebaut“, so Prof. Gerner, der den Bürgern und Gästen dieser Stadt den genauen Blick auf die Fassaden dringend empfiehlt.
Achim Hoffmann
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