Die Stadt Homberg (Ohm) mit 7500 Einwohnern bemüht sich um die Stärkung seiner historischen Altstadt sowie der damit verbundenen zentralen Funktionen im ländlich geprägten Umland. Hierbei kann sich Homberg sowohl auf ein bedeutendes baukulturelles Erbe, als auch auf seine Lage in einer attraktiven Mittelgebirgslandschaft stützen. Zentraler Ansatzpunkt für die weitere Entwicklung der Fachwerkstadt ist die Wiederbelebung des zentral gelegenen, stark sanierungsbedürftigen Homberger Schlosses. Erste Schritte wurden von Seiten der Stadt durch den Erwerb der Immobilie sowie von Seiten des neu gegründeten Vereins "Schlosspatrioten Homberg an der Ohm e.V." zur Mobilisierung freiwilligen Engagements unternommen. Eine erste temporäre Nutzung des Schlosses, die Gartengestaltung, die Öffnung des Geländes für Besucher, die Bewirtung der Gäste im Schlosscafé am Sonntagnachmittag und verschiedenste Veranstaltungen im und am Schloss zeigen Wirkung auf die touristische Attraktivität der ganzen Stadt. Mit der Ausarbeitung eines Nutzungskonzeptes im Jahr 2013 wurde deutlich, dass nur kleine Schritte in überschaubaren Bausteinen - Torhaus, Freigelände, Hauptgebäude und Bergfried - angegangen werden können. Hierfür werden im Rahmen der Fachwerktriennale partnerschaftliche Finanzierungsmodelle entwickelt. Aufgegriffen werden hierbei die Ansatzpunkte zur revolvierenden Fonds ("JESSICA) und "Crowd funding".
Von Diana Wetzestein*15. September 2015_Homberg an der Ohm. Die Homberger Bürger haben ihr eigenes Schloss. Allen 7.500 Einwohnern gehört es, seit dem die Stadt es im Jahr 2012 für 160.000 Euro erwerben konnte, weil die Bürger es wollten. Das war der Beginn einer Partnerschaft zwischen der Stadtverwaltung und Bürgern, die seit drei Jahren von beiden Seiten erfolgreich vorangetrieben wird.
Mit dem Projekttitel „Schlosspartnerschaften“ nimmt die Stadt an der Fachwerk Triennale 15 teil. Während ihrer Veranstaltung im bereits sanierten Eingangssaal des Schlosses, fanden sich etwa 40 Gäste zur Fachveranstaltung ein. Moderation und Organisation wurden von Dr. Uwe Ferber und seinem Assistenten Paul Dämpfert, Projektbüro Stadt + Entwicklung Leipzig, übernommen. Für die Arbeitsgemeinschaft Deutsche Fachwerkstädte e. V. war der neue Geschäftsführer Dr. Dirk Richhardt aus Fulda vor Ort.
Parallel zur Veranstaltung lief der Endspurt des Crowdfunding-Projektes der Schlosspatrioten Homberg an der Ohm e. V., die in Zusammenarbeit mit der VR Bank Hessenland e. G. 90 Tage lang durchgeführt wurde. Die Idee, die Schwarmfinanzierung (Crowdfunding) für ein bestimmtes Sanierungssegment des Schlosses einzusetzen, wurde innerhalb der Triennale 15 entwickelt und erfolgreich abgeschlossen. „Wir haben aktuell 19.745 Euro an Spenden eingesammelt. Das Geld wird in die Restaurierung der 200 Jahre alten Fenster ausgegeben“, sagte Markus Haumann, Vorsitzender der Schlosspatrioten. In dieser Summe waren bis dato 9.395 Euro aus dem Crowdfunding-Projekt der VR Bank enthalten, die Bank hatten 3.765 Euro dazugelegt, dazu kam noch eine Einzelspende. Helmut Euler, Vorstandsvorsitzender der VR Bank betonte, dass die Schlosspatrioten eines der erfolgreichsten Crowdfunding-Projekte sei, die von der VR Bank derzeit unterstützt würden. „Die Öffentlichkeitsarbeit war sehr gut, es wurde permanent und professionell beworben“, so Euler.
„Mit dem Geld kann es jetzt weiter gehen. Im nächsten Schritt brauchen wir 50.000 Euro für die Heizung und weitere Fenster der Schlossanlage“, so Haumann, dann habe der Verein, dem über 200 Mitglieder angehören, 100.000 Euro investiert sowie tausende Ehrenamtsstunden an ihrem Schloss gearbeitet.
Und eben das stand als Konsequenz hinter dem Wunsch der Bürger, das Schloss zu kaufen, wie Prof. Bèla Dören, Bürgermeister der Stadt Homberg (Ohm), sagte. „Wir haben gemeinsam entschieden und mit dem Verein ein Konzept erstellt. Die Sanierung wird Zug um Zug umgesetzt, die Stadt ist für Dach und Gefach zuständig, die Bürger bringen sich so ein, wie sie es können“, so Prof. Dören.
Das Schloss thront schon immer über der Fachwerkstadt und ist in den letzten drei Jahren wieder zum Anziehungspunkt und Ausflugsziel geworden, weil die Belebung an diesem besonderen Platz funktioniert. Verschiedene Arbeitskreise kümmern sich um eine Schlosswerkstatt, den Schlosspark, um Feste, Gastronomie, Kunst, Kultur und Geschichte. Die Wiederbelebung des Schlosses ist ein Teil des Tourismuskonzeptes, das die Stadt als Thema in die Triennale 12 einbrachte und seit dem vorantreibt.
Doch Prof. Dören sprach auch von den 18 leerstehenden Ladengeschäften in der Fachwerkaltstadt und von großen Problemen, einen Lebensmittelladen dort zu installieren. Die Deckenhöhen seinen für die Firmen zu gering, die Ladenflächen zu klein, die Anlieferung zu schwierig. „Der Einzelhandel muss sich aber umstellen. Die Lebensmitteldiscounter wollen kurze Wege für beste Logistik ihrer Unternehmen, die Verbraucher müssen darum lange Wege an die Stadtgrenzen zurücklegen“, so Prof. Dören. Hier müsse es Auswege geben, sonst könne man die Fachwerkstadt im Altstadtkern nicht erhalten.
„Alle Fachwerkstädte nördlich er Maingrenze haben Sanierungsprobleme, darunter sind auch mehr als 130 Fachwerkstädte mit denkmalgeschützten Fachwerkensembles“, sagte Dr. Uwe Ferber. Er stellte die Forderungen an die Landes- und Bundesregierung, die Probleme der Fachwerkstädte ernst zu nehmen und sie stärker zu unterstützen, schließlich würden dort oftmals die richtigen Lösungen erarbeitet. „In Melsungen wird es eine Triennale-Veranstaltung zur dezentralen Unterbringung und Ausbildung von Asylsuchenden geben“, so Dr. Ferber. Die Arbeitsgemeinschaft Deutsche Fachwerkstädte e. V. bearbeitet innerhalb ihrer Veranstaltungsreihe somit auch die aktuellste Situation und hofft, dass Bund und Länder deren Initiativen ernst nehmen und unterstützen. „Wir können etwas für die Flüchtlinge tun und sie können unsere historischen Innenstädte wieder beleben“, so Dr. Ferber.
Auch die Servicestelle Demografie des Landes Hessen hat mit dem „Kompetenznetz Vitale Orte in Hessen“ bereits reagiert. Dr.-Ing. Kerstin Jaensch, HA Hessen Agentur, stellte die Arbeit der Servicestelle vor. „Wir haben den ländlichen Raum im Blick“, sagte sie. Auf der Internetseite der Servicestelle würden Kompetenzen vernetzt, über Praxisforen, Mobilitätsmodelle oder das Projekt „Willkommen auf dem Land – Wege in einen neuen Alltag“ informiert. Eine Gemeindedatenbank ist zudem für alle offen zugänglich, so Kerstin Jaensch.
Aktuell wird dort auch auf das Förderprogramm „INGEplus“ hingewiesen. „Bis zu 50.000 Euro pro Standort können Kommunen und private Initiativen an Fördergeldern erhalten, wenn sie sich für die Stärkung eines innerstädtischen Geschäftszentrums engagieren“, heißt es in einer Presseerklärung des Hessischen Umweltministeriums. Für viele Kommunen sei die Kofinanzierung nur schwer sicherzustellen, zudem würde immer wieder der hohe Verwaltungsaufwand für derlei kleine Finanzhilfen kritisiert, sagte Dr. Ferber.
Dem stimmte Dipl.-Ing. Thomas Schaumberg, Vogelsberg Consult GmbH, zu. „Die Kleinstprogramme werden beschlossen, bevor es eine genaue Analyse gibt, was eigentlich gebraucht wird“, kritisierte er. Die Programme seien zudem zwar abgegrenzt aber nicht aufeinander abgestimmt. In seinem Vortag „Vom Glaspalast aufs Fachwerk“, forderte er Raumverträglichkeitsprüfungen für den ländlichen Raum, weil „Ausgleichsmechanismen zwischen Großstädten, deren Speckgürteln und den Fachwerkstädten nicht mehr funktionierten. Eine bessere Analyse und sinnvollere Förderung würde auch Kommunen wie Homberg an der Ohm helfen, ihre historische Fachwerkaltstadt wieder zu beleben und so erhalten zu können.
Magistrat der Stadt Homberg (Ohm)
Kultur und Tourismus
Dr. Almut Bick
Marktstraße 26 • 35315 Homberg (Ohm)
TEL. (06633) 184-22 • FAX (06633) 184-50
abick@homberg.de