FachwerkTriennale 19 – Finale mit guten Aussichten für Hann. Münden
Klare politische Signale für Fachwerkstädte aus der Niedersächsischen Landesvertretung in Berlin
von Diana Wetzestein
25.11.2019_Berlin/Hann. Münden. Fachwerkgebäude stellen ein bedeutendes baukulturelles Erbe dar. Sie zu erhalten und parallel dazu die sozialen und städtebaulichen Rahmenbedingungen zu schaffen, sind Herausforderung, die viele Städte und Gemeinden bewältigen müssen. Die Arbeitsgemeinschaft Deutsche Fachwerkstädte e. V. aus Fulda, der auch Hann. Münden angehört, stellte Ende November im Großen Saal der Niedersächsischen Landesvertretung ihre Erkenntnisse aus der "Fachwerktriennale 19" vor. Über drei Jahre wurde mit 13 Fachwerkstädten innerhalb der T19 an praktischen Lösungsansätzen zur Integration, Qualifikation, Klimaschutz und Finanzierung gearbeitet.
Hann. Mündens Beitrag war das Baucamp als Integrations-Projekt, das erfolgreich abgeschlossen werden konnte. Friedhelm Mayer, Aufsichtsratsvorsitzender der Bürgergenossenschaft Mündener Altstadt eG, berichtete innerhalb einer Podiumsdiskussion über das Bürgerengagement der Bürgergenossenschaft und forderte die Geltendmachung von ehrenamtlicher Leistung im Sanierungsrecht, als Instrument der Stadtentwicklung. „Unsere Stadt kann es allein nicht schaffen, die Häuser zu erhalten. Darum haben wir die Bürgergenossenschaft vor sechs Jahren gegründet. Dort wurden über 180.000 Euro Eigenkapital in den Kauf und die Sanierung von drei Gebäuden investiert und mit mehr als 200 Ehrenamtlichen innerhalb von zwei Jahren 360 Quadratmeter Nutzfläche geschaffen“, so Meyer.
In der Diskussion mit Mayer unterstrich Dr. Christina Krafczyk, Präsidentin des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege, den Wert der Erhaltung historischer Bausubstanz. „Bei Abriss und Neubau lägen die Umweltbelastungen viermal höher als bei der Erhaltung durch Sanierung von Bestandsgebäuden, sagte sie. Stefanie Nöthel, Abteilungsleiterin Städtebau und Wohnen im Niedersächsischen Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz „die Möglichkeit, Förderprogramme für Klimaschutzmaßnahmen mit besonderem Augenmerk auf die Fachwerkstädte aufzulegen.“ Die Arbeitsgemeinschaft Deutsche Fachwerkstädte sei eine sehr gute Organisation, mit der an dieser Stelle weitergearbeitet werden könne.
Die Aussichten für Besitzer von Fachwerkimmobilien sind derzeit gut. Für die Städtebauförderung wurden Fördermittel in Höhe von 790 Millionen aus Bundesmitteln und ergänzende Förderprogramme beschlossen, insgesamt stünden 1,3 Milliarden Euro zur Verfügung. Zudem werde der Zugriff darauf vereinfacht. Diese Nachricht überbrachte Monika Thomas, Abteilungsleiterin Stadtentwicklung, Wohnen, öffentliches Baurecht im Bundesministerium des Inneren für Bau und Heimat. Sie lobte die Ergebnisse aus den Fachwerkstädten, „die Fachwerkprojekte wie die Fachwerktriennalen oder das Fachwerk5Eck Südniedersachsen waren außerordentlich erfolgreich, das haben Auswertungen ergeben“, sagte sie. Zukünftig werde es bei der Förderung noch stärker darum gehen, den Bestand in die ganzheitliche Betrachtung bei der energetischen Sanierung und im Wohnungsbau einzubeziehen. Von ihr gab es die Einladung, auch weiterhin Projekte einzureichen und durchzuführen.
Die Arbeitsgemeinschaft war darauf vorbereitet und ein Positionspapier mit nach Berlin gebracht. Darin sind ein integratives Management von Demographischem Wandel und Klimaschutz mit niedrigschwelligen planerischen und technischen Lösungen im Fachwerkquartier sowie integrative Finanzierungsinstrumente für Fachwerkstädte aufgeführt. Maren Sommer-Frohms wies darauf hin, dass Bundes- und Landesprogramme auch für Sachmittel benötigt würden und die Förderung von Qualifizierungsmaßnahmen an privaten Fachwerkgebäuden möglich sein solle.
Am Ende zeigte sich, dass die Arbeitsgemeinschaft Deutsche Fachwerkstädte für die Zukunftsthemen ihrer 140 Mitgliederstädte gut gerüstet ist. Weitere Infos: www.fachwerktriennale.de
Diana Wetzestein
Die einen machen es vor, andere machen es nach. Und können vom Mut der Initiatoren lernen. Ein altes Prinzip, das auch heute funktioniert. Der niedersächsischen Fachwerkstadt Hann. Münden kann eine wichtige die Rolle als Initiatorin zugeschrieben werden. Bürger dieser Stadt haben es geschafft, das Fachwerk in der gesamten Region bekannter zu machen. Seit vielen Jahren stehen sie aktiv für die Erhaltung und Nutzung historischer Fachwerkhäuser ein und werden dabei auch von der Stadtverwaltung unterstützt. Bekannt sind vor allem das Denkmalkunstfestival, das Fachwerkprojekt 9x24 und die Destination "Fachwerk Fünfeck" in Südniedersachsen. All das hat den Fachwerktourismus in der Region nachweislich gefördert.
Die Teilnahme dieser Stadt an der Fachwerk Triennale der Arbeitsgemeinschaft Deutsche Fachwerkstädte e. V. (ADF) mit dem Arbeitstitel „Hann. Münden: Baucamp als Integrations-Projekt“ macht deutlich, dass dort ein gutes Fundament steht, auf dem nun viele weitere Projekte für die Fachwerkstadt aufgebaut werden können.
Mitte Oktober begrüßte Bürgermeister Harald Wegner Vertreter der Bürgerinitiativen, der ADF, des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege, einer Grundschule, der Wirtschaftsförderung, des Job-Center und des Deutschen Fachwerkzentrums Quedlinburg e. V. im Geschwister-Scholl-Haus der Dreiflüssestadt. Der Workshop wurde von Dr. Uwe Feber, StadtLand GmbH aus Leipzig, moderiert, der Schwerpunkt lag auf der Arbeit der Initiative "ein.münden" und der FachwerkLernwerkstatt im Packhof Hann. Münden, für den eine Machbarkeitsstudie erarbeitet werden soll.
Wegner betonte, dass ehrenamtliche Initiativen ausschlaggebend für die Entwicklung der Stadt und der Region seien. "Ein großes und wertvolles Pfund unserer Stadt sind viele engagierte Bürgerinnen und Bürger, zu der auch "ein.münden" mit dem Baucamp für junge Menschen zählt", so Wegner. Dieses Integrationsprojekt sollte geflüchteten Jugendlichen die Baukultur der Region näherbringen, sie sprachlich fördern und ihnen den Mut für ein Leben in einem fremden Land leichter machen. Zudem sei das Projekt ein wichtiger Baustein im Konzept der Fachwerk-Lernwerkstatt, die in einem historischen Gebäude an der Werra Einzug halten könnte.
Die Geschäftsführerin der ADF, Maren Sommer-Frohms, berichtete rückblickend über die im Format der Fachwerk Triennalen seit 2009 von der ADF begleiten Städte. Unzählige Projekte und Initiativen seien dadurch ins Leben gerufen worden, die alle einen signifikanten Beitrag zur Reaktivierung der Innenstädte liefern konnten. Ihr kurzer Überblick über die Triennale-Themen "Fachwerk-Klima", "Bürgerfonds" sowie der "Integration und Qualifikation" und die 14 Veranstaltungen in den Mitgliedsstädten der ADF, unterstrich diese Aussage.
"Die Fachwerk Triennale 19 wird von der NSP gefördert. Wir haben uns in diesem Rahmen kritisch und dezidiert damit auseinandergesetzt, wie es gelingen kann, die Sanierung von Fachwerkhäusern, die Qualifikation von Migranten und die Wohneigentumsbildung der Neubürger miteinander zu verknüpfen", so Dr. Uwe Ferber. Aus diesem Grund wurde Hartmut Teichmann von Bund eingeladen, an der Begleitforschung der Nationalen Entwicklungspolitik (NSP) teilzunehmen. Der Workshop in Hann. Münden soll deshalb auch ein Blick in die Zukunft sein, der bewusst die Verbindungen des Projektes „ein.münden“ mit einer angedachten Fachwerk-Lernwerkstatt herauszuarbeiten.
Denn hinter dem Titel "FachwerkLernwerkstatt" steht erst einmal "nur" eine Machbarkeitsstudie. Vom Fachwerkfünfeck in Auftrag gegeben, soll sie der gesamten Region zugutekommen. Im leerstehenden historischen Packhof könnten verschiedene Fachwerk-Angebote entstehen. Darunter Ausstellungen zum Thema Fachwerk und Handwerk, Lern- und Mitmachprojekte, Beratung sowie berufliche Weiterbildungs- und Qualifizierungsangebote. "Wir denken an eine Lernwerkstatt als Fachwerklabor, die eine Strahlkraft weit über die Grenzen des Fachwerkfünfecks hinaus entwickeln kann", sagte Burkhard Klapp, Fachdienst Denkmalschutz und Stadtbildpflege. Das Konzept beinhalte Vorschläge zum Ausbau und zur Nutzung als Werkstatt, für die Gastronomie, mit Gast- und Schulungsräumen. Interesse sei bereits von verschiedenen Seiten bekundet worden, doch die Umsetzung der FachwerkLernwerkstatt sei nur mit Fördermitteln möglich.
Denkmalpfleger Klapp hält die stärkere Verbreitung des Themas Fachwerk für wichtig. "Eine regionale Identifikation mit dem Fachwerk in Südniedersachsen kann sich nur durch das Verstehen und Begreifen von Fachwerk als Architektur, als Baukonstruktion, als Handwerk, Wissenschaft, Tradition und Therapie für gesundes Wohnen und Entschleunigung entwickeln", sagte er. Wenn es einer Stadt gelänge, in diesen Punkten über ihre Fachwerk-Identität aufzuklären, sei es möglich, mehr Aufmerksamkeit und Akzeptanz für die Erhaltung historischer Bausubstanz bei den Bürgern zu erreichen.
Als im Jahr 2015 auch in Hann. Münden viele unbegleitete geflüchtete Jugendliche ankamen, wurden Hartmut Teichmann und viele andere in der Initiative "ein.münden" aktiv. "Unser Schwerpunkt bei der Begleitung und Hilfe für diese jungen Menschen lag beim Deutschunterricht", so Teichmann. Als zwei Jahre später die ersten dieser Jugendlichen die Schule beendet hatten, musste "ein.münden" wieder aktiv werden, damit den Jugendlichen der Weg in den Beruf gelingen kann. Eine Orientierungshilfe wollte man geben, Praktikumsplätze anbieten und etwas bauen, was bleiben kann. Ein Jahr dauerte die Planung für das Baucamp in Steinrode, wo der Fachwerkbau für ein Küchengebäude anstand. "Wir wollten gern 25 Jugendlichen aus unserer türkischen Bevölkerung, aus Geflüchteten und Deutschen in einer Gruppe zusammenbringen und gemeinsam das Haus aufstellen", so Teichmann, der diese Idee bereits als die erste Hürde bezeichnete, denn am Ende kam kein türkischer Jugendlicher dazu.
Die zweite Hürde stellte die Finanzierung dar. Das Einwerben von Fördergeldern für das mit 25.000 Euro veranschlagte Projekt habe zu viel Zeit und hohen Aufwand gekostet. "Wir haben auch darum am Ende nur wenige Plätze besetzen können, weil wir keine Planungssicherheit hatten und erst sehr spät dafür werben konnten", sagte er. Hier wünsche er sich eine einfachere Förderpolitik und Antragverfahren.
"Siebzehn Jugendliche waren angemeldet, elf (fünf Deutsche, ein Afghane, zwei Kurden und drei Eritreer) machten mit. Die anderen konnten sich nicht mit dem Gedanken anfreunden, zwei Wochen ohne Handynetz und WLan-Zugang in einer Waldjugendherberge zu verbringen", so Teichmann.
Seinem Vortrag schloss sich Claudia Christina Hennrich, Geschäftsführerin des Deutschen Fachwerkzentrums Quedlinburg e. V., mit ihrem Bericht über 18 Jahre Arbeit, neun Projekte und die Qualifizierung und Bildung von internationalen jungen Menschen. „An der Goldstraße 25 waren 80 Jugendliche der Jugendbauhütte aus aller Welt beteiligt. Der interkulturelle Austausch ist von größter Bedeutung“, sagte sie.
Maren Sommer-Frohms bedankte sich am Ende für einen interessanten Workshop. "Das übergeordnete Ziel dieser Triennale ist, die lokalen Herausforderungen der einzelnen Städte darzustellen und zu einem bundesweiten Netzwerk zusammenzuschließen. So können wir gemeinsame Wege und Lösungen finden, die übertragbar sind", sagte Maren Sommer-Frohms. Die Ergebnisse werden dokumentiert, ausgewertet und aufbereitet und im November auf der Abschlussveranstaltung in der Niedersächsischen Landesvertretung präsentiert. Damit am Ende möglichst viele der 140 Mitgliederstädte davon profitieren können.