Diana Wetzestein
7. Juni 2018_Hannoversch Münden. Hier sind die "Gastarbeiter" der 1960er und 70er Jahre längst und gut integriert. Sie bewohnen in der dritten Generation zahlreiche Gebäude in der historischen Altstadt. Integration braucht einen langen Atem und besonderes Engagement. Der Denkmalpfleger Burkhard Klapp hat beides bewiesen. „Aus heutiger Sicht behaupte ich, dass mindestens die Hälfte der denkmalpflegerischen Arbeit die Arbeit mit den Menschen ist und der Rest die fachliche Arbeit am Denkmal“, sagte Klapp bereits im Jahr 2012 beim Niedersachsentag.
"Integration und Qualifikation", ein aktuelleres Thema hätte die Arbeitsgemeinschaft Deutsche Fachwerkstädte (ADF) für die Fachwerk Triennale 19 kaum wählen können. Acht von zehn Fachwerkstädten stellten ihre Projekte vor, an denen sie ein Jahr weiterarbeiten und im Herbst die Ergebnisse präsentieren werden. 26 Teilnehmer des Workshops diskutierten über bürgerschaftliches Engagement, Qualifikation in Baufachberufen und Wohneigentumsbildung in einer Fachwerkstadt.
Im historischen Gebäude "Ochsenkopf", begrüßte Prof. Manfred Gerner, Präsident der ADF, am vergangenen Donnerstadt die Projektbeteiligten aus vier Bundesländern sowie Mitarbeiter von Arbeitsagenturen und weiteren Kommunen. „Möglicherweise hängt die Zukunftsfähigkeit der EU davon ab, wie wir mit der Integration umgehen werden. "Die Verunsicherung in der Gesellschaft macht unser Projekt, das vor allem die Zukunftsfähigkeit unserer Mitgliederstädte zum Ziel hat, zu einer Herausforderung", so Prof. Gerner. Jeder vierte Migrant, der seit 2015 nach Deutschland gekommen sei, habe einen Job, etwa jeder fünfte einen sozialversicherten Arbeitsplatz, zitierte Prof. Gerner den Generalanzeiger. Mit etwa 180.000 Personen sei die Beschäftigungszahl von Geflüchteten dennoch relativ gering. Im vom Personalmangel gezeichneten Handwerk sieht Gerner für Migranten gute Chancen auf Qualifikation und Integration innerhalb der Fachwerkstädte.
"Die Herausforderung der Stadtentwicklung und des Stadtmanagements werden immer größer. Wir müssen andere, eigene Lösungsansätze finden, die auf kleinere und mittlere Fachwerkstädte zugeschnitten sind und diese voranbringen", so Dr. Ferber vom projektbegleitenden Büro STADTLAND GmbH aus Leipzig. "Wir merken, dass wir mit den vorhandenen Instrumenten nicht weiterkommen und arbeiten mit der Triennale 19 gemeinsam an einer Schnittstelle zwischen Integration, Migration und der Stadtentwicklung.
"Mit dem Internationalen Baucamp Steinrode wollen wir im Modell einen Lösungsansatz finden, den andere Fachwerkstädte übernehmen könnten", sagte Bürgermeister Harald Wegner. Das Baucamp findet vom 9. bis 21. Juli statt. Unter der Anleitung von Handwerksmeistern werden bis zu 25 einheimische und ausländische Jugendliche ein Fachwerkhaus bauen und richten. Dabei werden handwerkliche Fertigkeiten vermittelt und die Deutschkenntnisse verbessert. Die Initiative „ein münden“ hat die Leitung dieses Camps übernommen. Weitere Teilnehmerstädte sind Duderstadt, Celle, Salzwedel, Eschwege, Spangenberg, Herborn, Seligenstadt, Riedlingen und Neumünster.
„Es ist höchste Zeit, einen Pool zu bilden, aus dem wir alle schöpfen können“, sagte Karin Abenhausen aus Celle, die sich bei der Begleitung von Geflüchteten engagiert und die Idee hatte, mithilfe von Geflüchteten und einheimischen Arbeitslosen marode Häuser zu sanieren. Denn in der Fachwerkstadt gibt es einen unübersehbaren und dramatischen Leerstand. Nur noch 1.000 Menschen leben in der Altstadt, bei 70.000 Einwohnern insgesamt. Das Problem ist seit Jahren bekannt. Es gab viele gute Ansätze und Projekte, darunter das Triennale 15-Projekt der Lokalhelden, das kreativen Unternehmern ihren Start in der Celler Altstadt erleichterte.
Das Triennale 19-Projekt ist als Pilotprojekt ein Backhaus aus dem Jahr 1743. Es soll auf dem Hof Wietfeldt in Bennebostel abgebaut, saniert und an anderer Stelle des Hofes wieder aufgebaut werden. Der Eigentümer ist Bauingenieur, betreibt auf seinem Hof eine Eventscheune, Verwendung für das Backhaus hatte er aufgrund eines ungünstigen Standortes nicht mehr, ist aber mit einer Sanierung und der Transluzierung einverstanden. Die Bürgerstiftung - so der Plan - soll das Haus als Trägerschaft für 10 bis 15 Jahre übernehmen, somit wird es einem gemeinnützigen Zweck übergeben. Der Materialaufwand und die Bauleitung werden vom Eigentümer übernommen. „Die Berufsschule stellt Fachkräfte und richtet eine Klasse mit zwölf Schülern pilotmäßig ein. Junge Deutsche und junge Geflüchtete sollen für eine Ausbildung fit gemacht werden“, sagte Karin Abenhausen. Handwerkskammern und -innungen, das städtische Baumanagement, Betriebe, die Bürgerstiftung und die Zuwanderungsagentur sind ebenfalls eingebunden. Später sollen dort Veranstaltungen, Backtage oder Vorträge durch die Bürgerstiftung organisiert werden „und vor allem Handwerksbetriebe und Arbeitssuchende durch den Pool zueinander finden“, so Karin Abenhausen, die die Teilnehmer zusammengetrommelt hat. Ist das Modell erfolgreich, soll es auf die Altstadt übertragen werden.
Celle hat 2.100 Geflüchtete aufgenommen, derzeit leben dort insgesamt 6.500 Menschen mit Migrationshintergrund. „Alle, die eine Bleibechance hatten, sind mittlerweile dezentral untergebracht oder bereits in Mietwohnungen umgezogen“, so Abenhausen. Viele Geflüchtete suchten sich erst einmal Arbeit im Niedriglohnsektor, um Schulden abzubezahlen, die durch die Flucht entstanden seien und um ihre Familien zu versorgen. Zu einer Qualifikationsmaßnahme seien die meisten erst nach zwei bis drei Jahren bereit, sagte Karin Abenhausen. Diese Menschen so schnell wie möglich in Arbeit zu bringen und vor allem jungen Menschen das Handwerk und den Wert der historischen Altstadt zu vermitteln, haben für sie Priorität. Das wäre für sie aktive Integration, denn durch die Arbeit kämen die Geflüchteten mit der Celler Jugend und Celler Betrieben in Kontakt.
Projekt KIBiS – Kontakt – Information – Beratung – im Selbsthilfebereich
Dirk Diekmann von der Stadt Celle stellte im Anschluss das Projekt KIBiS vor, welches ebenfalls Teil der Sanierungs- und Qualifizierungsinitiative ist. In ein leerstehendes, neuzeitliches Werkstattgebäude, das zu einem Fachwerk-Komplex gehört, soll eine Lernbaustelle für Langzeitarbeitslose und Geflüchtete einziehen, die zu alt für eine Ausbildung sind. Die Stadt hat vorgeschlagen, diese Idee im Rahmen der Triennale voranzutreiben. Das Vorhaben wird Teil der privat gestarteten Qualifizierungs- und Integrationsinitiative. Eigentümer des Gebäudes ist der Verein KIBiS, der Selbsthilfearbeit für Körperbehinderte in Stadt und Landkreis Celle seit 1992 unterstützt und fördert. Mit der Lernbaustelle sollen das Handwerk vorgestellt und Menschen an die Arbeit herangeführt werden. Und letztendlich wird das marode Gebäude auf diese Weise saniert. (dw)
Zu dieser historischen Fachwerkstadt mit 2.900 unter Denkmalschutz stehenden Objekten gehören nicht nur das historische Rathaus und das Westerturm-Ensemble, sondern auch die dem Wall vorgelagerten Bürgergärten, die im Eigentum der Stadt stehen. Ihre Geschichte beginnt um das Jahr 1500, als eine Stadterweiterung geplant, aber nicht umgesetzt worden war. Es entstanden Gärten, die um 1700 durch Gartenhäuser aufgewertet wurden. Man hielt sich auf in diesen Bürgergärten und übernahm Sitten und Gepflogenheiten aus höfischen Gärten, präsentierte seltene, exotische Pflanzen und sorgte für viel „Vergnügen im Freien“, das ist auf der Internetseite der Stadt zu lesen. Die meisten Gärten verschwanden während späterer Stadtentwicklungsphasen. Erst im Zuge der Landesgartenschau 1994 wurden die Bürgergärten unter dem Titel „Natur im Städtebau“ wiederaufgebaut und neu entdeckt. Eckart Rüsch, Gebietsreferent im Niedersächsischen Landesamt für Denkmalschutz, nannte sie unlängst „einmalig in Niedersachsen.“
Dennoch, historisch heißt auch, in die Jahre gekommen. Und darum kommt jetzt das Triennale Projekt „historisch und integrativ“ zur richtigen Zeit. „Mit etwa 16 Geflüchteten, Migranten und Deutschen unter 25 Jahren wollen wir die charakteristischen Staketenzäune erneuern und ein ausgebranntes Garten-Fachwerkhaus neu aufbauen“, sagte Wolfgang Kutzborski von der Stadt Duderstadt.
Das Jobcenter des Landkreises Göttingen plant, finanzielle Mittel für eine Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Integration bereitzustellen. Sie wird von der gemeinnützigen Gesellschaft für Arbeits- und Berufsförderung Südniedersachsen (GAB) durchgeführt, einem kreiseigenen Beschäftigungs- und Qualifizierungsträger. Es geht um berufliche Bildung in Theorie und Praxis. Im Praxisteil bekommen die Teilnehmenden Gelegenheit, sich in verschiedenen Tätigkeitsfeldern und Gewerken auszuprobieren. So kann noch in diesem Jahr begonnen werden, Staketenzäune zu erneuern und das Gelände zu bearbeiten. „In unserer Werkhalle haben wir die Möglichkeit, über die Wintermonate das Fachwerkhaus abzubinden und es im Frühjahr 2019 aufzustellen“, sagte Peter Niebuer von der GAB. Das Material dafür stelle die Stadt zur Verfügung.
Das GAB vermittelte im Auftrag des Landkreises Göttingen über das Programm „Soziale Teilhabe am Arbeitsmarkt“ bereits einen Leistungsempfänger mit einer Förderquote von 100 Prozent, der jetzt im Sanierungsprojekt Radbrunnenstraße der Bürgergenossenschaft Mündener Altstadt eG an einem Fachwerkhaus mitarbeitet. (dw)
Die Stadt an Werra, Fulda und Weser hat 24.685 Einwohner, darunter 4.300 Migranten aus 83 Nationen. „In der Altstadt leben 890 Menschen mit Migrationshintergrund, das sind ein Drittel aller Einwohner in diesem Gebiet und es zeigt, wie groß die Herausforderungen tatsächlich sind“, sagte Denkmalpfleger Burkhard Klapp. Die Vorhersagen, dass die Einwohnerzahlen weiter zurückgehen würden, haben sich in Hann. Münden nicht erfüllt. Seit 2011 sind die Zahlen in etwa gleichgeblieben. Das ist wohl auch einer guten Zusammenarbeit verschiedenen Initiativen zu verdanken.
Mit Migration und Integration hat Hann. Münden seit vielen Jahrzehnten Erfahrung. Hier sind die „Gastarbeiter“ der 1960er und 70er Jahre längst und gut integriert. Sie bewohnen in der dritten Generation zahlreiche Gebäude in der historischen Altstadt. Integration braucht einen langen Atem und besonderes Engagement. Der Denkmalpfleger Burkhard Klapp hat beides bewiesen. „Aus heutiger Sicht behaupte ich, dass mindestens die Hälfte der denkmalpflegerischen Arbeit die Arbeit mit den Menschen ist und der Rest die fachliche Arbeit am Denkmal“, sagte Klapp bereits im Jahr 2012 beim Niedersachsentag.
Der Denkmalpfleger erzählte von der erfolgreichen Arbeit ehrenamtlicher Initiativen wie Bürger-Treff, Denkmal-Kunst, 9mal24, Kunstnetz, Fachwerk-Stammtisch oder dem Garten der Nationen. Zudem erzählte er vom Umbau eines Fachwerkbaus zur Moschee, in dem aus einem Ballsaal ein Gebetsraum wurde. „Ich wurde im Vorfeld dieser Baumaßnahme zur Besichtigung einer Moschee nach Hannover gefahren, danach wusste ich, was bei dieser Baumaßnahme auf mich zukommen würde“, erzählte der Denkmalpfleger, der sich privat in vielen Mündener Initiativen auch ehrenamtlich engagiert.
Hartmut Teichmann, der die Gruppe „ein münden“ vorbildlich ins Leben gerufen hat, erzählte von Weihnachtsfeiern mit Moslems in einer christlichen Kirche oder von der Bereitstellung eines Spielfeldes, auf dem Neubürger Cricket spielen. „Jetzt wollen wir die Jugendlichen auf die Berufsausbildung vorbereiten. Mit dem internationalen Baucamp Steinrode können wir Sprachkurs und Praktikum am Bau kombinieren", so Teichmann. Im mittelalterlichen Dorf Steinrode, das neben der Töpferei, auch Schmiede, Kirche und eine kleine Garküche besitzt, sei ein weiteres Gebäude willkommen. Der Verein Libellula e. V. soll durch das Baucamp ein Fachwerkhaus erhalten, in dem Lebensmittel nach aktuellen Hygienevorschriften gelagert werden können. Nach dem Entwurf von Klaus Marquardt wird das Fachwerkhaus innerhalb von zwei Wochen unter der Anleitung von Handwerksmeistern gebaut und gerichtet. Bis zu 25 einheimische und ausländische Jugendlichen können teilnehmen. Untergebracht werden die Teilnehmer im nahegelegenen Waldpädagogikzentrum mit Jugendherberge.
Ziel ist es, die handwerklichen Fertigkeiten zu vermitteln und die Deutschkenntnisse zu verbessern. Die Kosten dafür belaufen sich auf 25.000 Euro, die durch Fördergelder aufgebracht werden. „Die Antragsstellung war kompliziert, das Konzept musste mehrfach überarbeitet werden. Durch kostenlose Hilfe der Handwerksunternehmen und die Fördergelder können wir das gesamte Projekt jetzt finanzieren“, so Teichmann, der die Initiative „ein.münden“ damit erklärte, dass dort Menschen und Initiativen zusammen Neues entstehen ließen. (dw)
Die Fachwerkstadt ist mit 20.712 Einwohnern auch ein traditioneller Industriestandort. Es gibt etwa 600 Betriebe in Herborn und unmittelbarer Umgebung. Im kommunalen Immobilienportal der Stadt Herborn gibt es keine Angebote für Mietwohnungen, auf einem bekannten Immobilienportal sind gibt es nur wenige Angebote.
In der Stadt sind derzeit aber immer noch 200 Geflüchtete in 15 Einrichtungen untergebracht, die eine feste Bleibe und Arbeit suchen. Sie gehörten zum Teil zu den 850 Menschen, die 2015 in der Außenstelle der Erstaufnahmeeinrichtung Gießen in Herborn untergebracht wurden, weitere kamen aus anderen Städten nach Herborn. Das größte Problem dort ist der Mangel an Wohnraum. 200 Personen unterzubringen, ist ein Herausforderung für diese Stadt.
Als die Flüchtlinge nach Herborn kamen, machten sie viele Ehrenamtliche auf, ihnen schnell und unkompliziert zu helfen. „Etwa 200 Menschen engagierten sich während der Flüchtlingswelle auf ganz unterschiedliche Weise und gründeten das Netzwerk Flüchtlingshilfe. Jetzt sind dort noch 30 Personen tätig“, sagte Cornelia Glade-Wolter von der Stadt Herborn. Die schnellen Helfer arbeiteten intensiv und engagiert, sie unterstützen bei Besuchen bei Ämtern, Schulen oder Ärzten, übersetzten, versuchten so schnell wie möglich unterschiedliche Fragen zu klären, Essen und Getränke heranzuschaffen und auszuteilen, später Praktikantenstellen oder Ausbildungsstellen zu suchen.
Cornelia Glade-Wolter wurde später von der Stadt Herborn als eine Art Koordinatorin des Netzwerkes abgestellt. Sie dokumentiert die Arbeit der Aktiven und wertete sie aus. Und sie ist der direkte Draht zur Verwaltung. Sie sprach von einem „sehr schönen Miteinander im Netzwerk Flüchtlingshilfe, das vor allem im Begegnungscafé möglich sei“, einer zentralen Stelle, die feste Öffnungszeiten für die Hilfesuchenden und Ehrenamtlichen habe. Das Begegnungscafé sei bekannt dafür, dass dort Unterstützung zu bekommen oder anzubieten sei. „Das entlastet die Ehrenamtlichen ungemein, die sonst sieben Tage die Woche nahezu rund um die Uhr als Ansprechpartner der Geflüchteten da waren“, so Glade-Wolter.
Im Rahmen der Fachwerktriennale 19 soll ein Gesamtkonzept über diese Netzwerkarbeit erstellt werden. Es ist geplant, Partner aus Industrie und Handwerk mit einzubeziehen, um Arbeits- und Ausbildungsplätze für die Qualifizierung und Integration zu akquirieren. Die aktive Bürgerschaft der Fachwerkstadt soll dabei eine zentrale Rolle spielen. Wenn so viele Menschen wie möglich innerhalb des Netzwerkes leichter Arbeit und Wohnraum für ihre Familien fänden, wäre das Gesamtkonzept erfolgreich und auf andere Städte übertragbar. (dw)
In Riedlingen wurde das ehemalige Gasthaus zu einer außergewöhnlichen Herberge. Im ehemaligen Gasthaus Zum Schwanen in der Veitsstraße entstand Wohnraum für Asylsuchende, Obdachlose und Sozialschwache. Bürgermeister Marcus Schafft ist überzeugt davon, dass so Integration und soziale Wiedereingliederung besser gelingen könne.
Diese Stadt, mit 10.615 Einwohnern, ist eine wachsende Kommune mit derzeit 83 Flüchtlingen in Anschlussunterbringung. Und sie hat Erfahrungen mit Migration: In den 1950er Jahren hatte Riedlingen bereits Zuwanderung durch die Donauschwaben, in den 1980er und 90er Jahren kamen verstärkt Spätaussiedler und Migranten aus Süd/-Ost-Europa. Standorte für bezahlbaren Wohnraum wurden damals und werden bis heute benötigt. Umso besser, dass ein Gasthaus jüngst zur besonderen Herberge wurde mit Wohnraum für Asylsuchende, Obdachlose und Sozialbenachteiligte. Ein Neubau ist speziell für auf Barrierefreiheit angewiesene Personen zugeschnitten.
Der Gemeinderat der Stadt Riedlingen ist überzeugt davon, „dass so Integration und soziale Wiedereingliederung aber auch Inklusion besser gelingen kann“, so der Bürgermeister. Die Stadt kann frisch sanierten und geschaffenen Wohnraum mit Blick besonders auf die Nebenkosten als bezahlbaren Wohnraum anbieten. Im Altbau stehen nunmehr vier Wohnungen zur Verfügung. Im Neubau gibt es acht Wohnungen, zwischen 58 und 63 Quadratmetern.
Durch die Initiative der lokalen Unternehmergruppe Mark/Henle/Selg wurde das in der Altstadt möglich. Die Unternehmer gründeten eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, stellten den Bauantrag auf Sanierung einer denkmalgeschützten Fachwerkimmobilie und den Abriss eines Scheunengebäudes. Im Herbst 2016, als die Planungen begannen, standen 900 Quadratmeter Wohnfläche leer, Scheune und Gaststättengebäude drohten der Abriss. Die neuen Eigentümer überzeugten die Stadt mit einem nachhaltigen Gesamtkonzept von ihren Plänen. Bei der Sanierung im Altstadtbestand wurden die Arbeiten gemäß KfW-Denkmal und - der Neubau - nach KfW-55 Standard ausgeführt.
„Wir konnten die Baufreigabe im Frühjahr 2017 erteilen“, so Bürgermeister Schafft, beginnend Mai 2018 beherbergt der „Schwanen“ wieder Menschen aus „Allerherrenländer“ zudem wurdedas Stadtbild verschönert. Bei den Sanierungsarbeiten konnten Flüchtlinge aus Afghanistan erfolgreich mit eingebunden und dabei qualifiziert werden. „Wir haben den Wohnraum für die Dauer von zwölf Jahren von der Unternehmergruppe angemietet und vermieten sie jetzt weiter“, sagte Bürgermeister Marcus Schafft. Die Mietpreise liegen bei 9,50 Euro und 10,50 Euro pro Quadratmeter. In der Fachwerktriennale 19 ist dieser Beitrag darum besonders, weil die Baumaßnahme bereits erfolgreich abgeschlossen und somit eher ein Rückblick, als ein Ausblick ist. (dw)
Ein Haus sollte es sein, jetzt ist es ein Fachwerk-Ensemble mit drei Häusern und 600 QM Potentialfläche. Der Verein Kultur-Nische e.V. ist seit 2010 Eigentümer der charakteristischen Häuser im Herzen der Altstadt von Salzwedel. Derzeit sind es rund 20 vorwiegend weibliche Vereinsmitglieder mit tatkräftigen weiteren Unterstützern.
Ihr Ziel ist es, die Häuser vor dem Verfall zu retten, mit historischen und ökologischen Baustoffen zu sanieren und kulturell zu beleben. „Wir haben viel Raum für Ideen. Im Eckladen, dem ehemaligen Kolonialwarenladen, ist ein großer Begegnungsraum entstanden. Dort treffen sich Vereinsmitglieder und andere Gruppen, es finden kleine Konzerte, Theaterstücke und Lesungen statt, die Braubrüder brauen jede Woche ihr Bier“, erzählt Anne Buch. Im hinteren Teil des Ladens befinden sich die Tauschbibliothek, die Küche „anno 1900“, wo gekocht wird wie vor 100 Jahren. Im Obergeschoss werden Ateliers vermietet und das kleine Handwerkerhaus von einer Töpferin genutzt. Das dritte Haus soll perspektivisch als Gäste- und Wohnhaus genutzt werden.
Im letzten Jahr hat der Verein Fördermittel in Höhe von 120.00 Euro im Rahmen des Programmes Stadtumbau Ost - Aufwertung für Instandsetzung - und Notsicherungsmaßnahmen bekommen. Ines Kahrens hat den Verein dabei unterstützt. Die Mitarbeiterin im Bauamt der Stadt Salzwedel ist zuständig für Städtebauförderung und Altbausanierung und kündigte für dieses Jahr weitere 50.000 Euro an. Mehrere Tausend Stunden Eigenleistung haben Geflüchtete und Vereinsmitglieder zudem erbracht. Drei afghanische Bauhelfer wurden im Rahmen der Flüchtlingsintegrationsmaßnahme (FIM) über die Bundesagentur für Arbeit vermittelt und von einer qualifizierten Person aus dem Verein betreut.
Um den Ausbau der Häuser voranzutreiben und gleichzeitig die Integration und Qualifikation von Geflüchteten in Salzwedel zu verbinden, sind Lehrbaustellen geplant. Es sollen Workshops zu den Themen Innendämmung, Fenster- und Ofenbau organisiert werden. Hierfür wurde ein Antrag bei der Investitionsbank Sachsen-Anhalt in Höhe von 80.000 Euro gestellt. Die Eigenmittel für den Verein betragen 20.000 Euro.
Die Kirchengemeinden, der gemeinnützige Verein eXchange und die Stabsstelle für Integration sind Initiativen, die sich für Geflüchtete einsetzen. Zusammen mit Handwerksbetrieben und dem Verein Kultur-Nische könnte man ein Netzwerk bilden, das gemeinsam die Fachwerkhäuser saniert, den Leerstand verringert, Wohnraum und eine Bleibeperspektive für die Geflüchteten anbietet. Salzwedel, für Anne Buch ist es ein Ort, um günstig zu wohnen, zu leben und kreativ zu arbeiten. Und miteinander die Zukunft zu gestalten. (dw)
„Es funktioniert!“, sagte Bürgermeister Peter Tigges. Ein historisches Gebäude aus dem Jahr 1671 soll bis Anfang 2020 saniert und bezogen sein. Bauantrag und Förderantrag sind genehmigt, die Zusammenarbeit dem Jobcenter läuft gut. Eine AGH Maßnahme (Arbeitsgelegenheit) läuft bereits seit Januar 2017.
Eigentümer des Gebäudes in der Frühmessergasse sind die Milde Stiftungen zu Spangenberg, sie werden die Sanierungsmaßnahme durchführen und nach Abschluss die Räume vermieten. Diese Stiftung besteht seit dem 13. Jahrhundert und kann jetzt zeigen, dass auch sie mit der Zeit gegangen sind. „Die vielen Erfahrungen, die von den Beteiligten bei der Sanierung des Burgsitzes gemacht wurden, können wir auf die Frühmessergasse übertragen“, so Bürgermeister Tigges. Der Verein Spangensteine e. V. hatte seinerzeit auch dort die AGH-Maßnahme durchgeführt und ein gutes Fundament geschaffen, um gemeinsam zu planen, zu arbeiten und zu gestalten. Das hier nicht nur geredet wird, sondern auch gehandelt und gemeinsam gefeiert, machte der Vortrag mehr als deutlich.
„Spangenberg ist in der Fläche so groß wie Kassel, hat aber nur 6.200 Einwohner, von denen 731 nicht deutscher Nationalität sind“, so Bürgermeister Tigges. Spangenberg sei zentrale Aufnahmestadt im Schwalm-Eder-Kreis gewesen, mit dem Effekt, dass etwa 150 Geflüchtete in Spangenberg geblieben seien. Bei einer niedrigen Arbeitslosenquote herrschten Fachkräfte- und Azubimangel. Darum seien Projekte, die Menschen in Arbeit bringen, besonders willkommen, so der Bürgermeister.
Sabine Wunderlich, Familienscout des Vereins Spangensteine e. V., deren Aufgabe es ist, die Arbeitsgelegenheiten (AGH) der Projekte durchzuführen. Beim Burgsitz, einem Gebäude, das Bürgermeister Tigges bereits aufgegeben hatte, habe man mit 100 Langzeitarbeitslosen und 26 Flüchtlingen ab Mai 2016 gearbeitet. Sozialamt, Jobcenter und Verein waren beteiligt. „Nach dem Projekt konnten viele Beteiligte an den Arbeitsmarkt vermittelt werden, wir haben uns gleich auf die Suche nach einem Anschlussprojekt gemacht“, so Sabine Wunderlich. Ein ehemaliges Wohngebäude in der Frühmessergasse, direkt an der historischen Stadtmauer, war schnell ausgemacht. Nach der Sanierung sollen ein Büro für Spangensteine e. V. und eine Bürger-Werkstatt eingerichtet werden. Ein Gewand-Manufaktur gibt es schon, ein Café und HÄNDEWERK, einen Regionalladen für Spangenberger, sollen es beleben und wieder Wert schätzen.
In Spangenberg einen Ort zu finden und durch derlei Projekte die Bindung zur neuen Umgebung zu festigen, das ist das Ziel des Projektes. Historische Gebäude können dabei helfen. Und ihnen wäre damit auch geholfen. (dw)